Underberg – Legende mit Pfiff

7. Jun 2015

Acht Noten reichen aus: Wer auch nur den Anfang der Melodie aus dem „Colonel Bogey March“ hört, denkt wahrscheinlich sofort an ein kleines, in Papier eingewickeltes Fläschchen – und nicht an „Die Brücke am Kwai“. Der gepfiffene Marsch aus dem Filmklassiker ist seit Jahrzehnten das musikalische Synonym für Underberg, eine der niederrheinischsten Marken überhaupt. Emil Underberg hatte seinerzeit die geniale Werbeidee. Heute ist mit seiner Tochter Hubertine Underberg-Ruder, die am Sitz der Schweizer Muttergesellschaft lebt, bereits die fünfte Generation in dem Rheinberger Traditionsunternehmen aktiv.

Denn alles was wir tun können, um das Produkt noch weiter zu verbessern, verfolgen wir intensiv. Das hat auch mein visionärer Ur-Ur-Großvater so gehandhabt

Der Blick aus den großen Panoramafenstern geht ins Grüne, in den Kräutergarten der Familie Underberg. Wer hier allerdings die geheimnisumwitterten Ingredienzien aus 43 Ländern für den berühmten Digestif vermutet, wird enttäuscht. „Hier wachsen Küchenkräuter, Duftkräuter, Kräuter, die schon in der Bibel erwähnt werden, und vieles mehr“, erklärt Dr. Hubertine Underberg-Ruder mit einem Lächeln. Sie ist heute eines der Gesichter des Unternehmens, an deren Spitze neben ihrem Mann Franz Ruder die Eltern Emil und Christiane Underberg stehen. Familie wird groß geschrieben im Stammhaus am Markt, das seit der Mitte des 19. Jahrhunderts das Bild des beschaulichen Städtchens Rheinberg im Kreis Wesel prägt. Den Grundstein des Hauses wie des Erfolgs legte Hubert Underberg, der 1846 ein einzigartiges Getränk auf den Markt brachte.

Im großen Terrassenzimmer erzählt seine Nachfahrerin die Erfolgsgeschichte: „Mein Ur-Ur-Großvater, stammte aus einem Geschäft, das wir heute am ehesten Drogerie nennen würden. Er war während seiner Ausbildung in verschiedenen Ländern unterwegs und kam dabei auch mit verschiedensten Getränken in Kontakt.“ Das Mixgetränk Boonekamp, ein mit Genever versetztes Kräuter-Elixier, habe ihn besonders interessiert. „Er stellte aber schnell fest, dass er in jeder Kneipe anders schmeckte“, sagt die promovierte Biologin. Daraufhin kam ihm die Idee, ein Produkt von stets gleichbleibender Qualität und mit stets gleichbleibender Wirkung zu entwickeln. Das lateinische Motto dazu lautete: „Semper Idem“, was exakt übersetzt „immer derselbe oder dasselbe“ heißt. Das bedeutet aber nicht „stets die gleiche Rezeptur’“, betont die Firmenchefin. „Denn alles was wir tun können, um das Produkt noch weiter zu verbessern, verfolgen wir intensiv. Das hat auch mein visionärer Ur-Ur-Großvater so gehandhabt.“ Abwandlungen, sogenannte Line-Extensions, hat es bis heute nicht gegeben: „Wir sind eine Mono-Marke“, betont Hubertine Underberg-Ruder.

In Rheinberg betont man die abgerundete Einzigartigkeit des Geschmacks: „Unser Underberg ist weder ein Kräuterlikör noch ein Fernet“, heißt es an der Underbergstraße. Verwendet werden ausschließlich natürliche Kräuter, Quellwasser und Alkohol – sonst nichts, das ist sozusagen das Underberg-Reinheitsgebot. Das flüssige Endprodukt entsteht am Niederrhein, abgefüllt wird in Berlin. Auch das hat – natürlich – Tradition. Zugesetzter Zucker ist verpönt, was vermutlich auch erklärt, warum nur wenige Menschen unter 30 Jahren das typische Underberg-Aroma kennen. „Wenn jeder ab 35 regelmäßig und im gesunden Maße einen Underberg nach dem Essen genießt, ist das natürlich das Beste, was uns passieren kann“, sagt die Ur-Ur-Enkelin des Gründers. Apropos Gesundheit: Zwar darf das Unternehmen aus rechtlichen Gründen nicht damit werben, aber in der Familie ist jeder von der wohltuenden, sprich: die Verdauung fördernden Wirkung „nach gutem Essen“ überzeugt – Millionen von Konsumenten sind es sowieso. Dafür sorgen die Kräuter aus 43 Ländern, von denen einzig die Gattung Enzian bekannt ist. Ansonsten ist die Rezeptur streng geheim und wird vom innersten Kreis der Familie sowie drei befreundeten, katholischen Geistlichen gehütet.

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Kurzinterview mit
Hubertine Underberg-Ruder

Was mögen Sie am Niederrhein besonders?
Hubertine Underberg-Ruder: Die einzigartige Landschaft und natürlich vor allem die Menschen vom Niederrhein

Haben Sie einen Ausflugtipp für uns?
Hubertine Underberg-Ruder: Xanten ist sicher immer eine Reise wert. Meine besonderen Tipps aber sind für die sportlich Interessierten eine Fahrradtour auf dem Rheindeich und für die eher kulturell Interessierten ein Besuch der Schnitzaltäre von Douvermann in Kalkar.

Wo gehen Sie am Niederrhein gerne essen?
Hubertine Underberg-Ruder: Am liebsten bei meiner Mutter oder bei einem unserer vielen guten Kunden am Niederrhein.

Haben Sie ein regionales Leibgericht?
Hubertine Underberg-Ruder: Mit einem Gericht komme ich da nicht aus. Eines meiner Lieblingsgerichte sind Reibekuchen mit Apfelmus, natürlich auch der traditionelle Sauerbraten. Zwischendurch esse ich gerne Rosinenbrot mit Goudakäse, natürlich vom Niederrhein, mit Apfelkraut.

FAKTEN
Das berühmte Getränk kam 1846 auf den Markt.

Die Underberg Gruppe setzt weltweit pro Jahr rund 500 Mio. Euro um.

Die Gruppe hat rund 900 Mitarbeiter.